Zur Entstehung: Über die Farben Schwarz, Weiß, Rot als Trio zu reflektieren, war meine ursprüngliche Absicht. In vielen meiner Projekte, vornehmlich den Diageschichten, waren sie wiederholt anzutreffen. Zu diesen Farben gehörten für mich aber immer auch die stattliche Anzahl von bestimmten Ablage-Ordnern, gefüllt mit Notizen, Einträgen, Zeitungsmeldungen, Ansichtskarten, Fotografien und Briefen aus der Heimat. Sie stellten sich mir gewissermaßen in den Weg, so sehr, dass ich mich ihrer nach so vielen Jahren des Mitschleppens gerne entledigen wollte. Geliebtes und Gehasstes, stets an privilegiertem Ort, unmittelbar, wie ein geheimer Schatz oder Fluch, ganz in meiner Nähe. Dazu jede Menge Tagebuch-Notizen. Das
Projekt, das ich Ende 2003 begonnen hatte, verlief in vielen
Einzelschritten. Fließbandartiges Lesen von Büchern, die sich in Romanform
oder wissenschaftlich mit Pubertät und Sexualität beschäftigten. Rein
subjektiv markierte ich alle Stolper- und Berührungsstellen, um dieses
Konzentrat nachlesen, abtippen und wie einen Spiegel der eigenen Wahrnehmung
gegenüberstellen zu können. Ich hoffte so, dem näher zu rücken, was mich
direkt betraf. |
Dadurch wurde es mir Stück für Stück möglich, tiefer in die Thematik einzusteigen, die Oberfläche und die vorschnellen Emotionen zu überwinden. Mich gefasster dem nähern, was ich Jahrzehnte immer wieder bearbeitet und aufgehoben hatte. Für später, wenn ich mehr die Zusammenhänge von meinem Verdacht, als Kind ein sexuelles Trauma erlebt zu haben, verstehen kann, mehr Ausdrucksmöglichkeiten gefunden habe, um nicht in Verstrickungen zu scheitern. |
Schmerzhafte Dinge anzuschauen, verursacht Schmerzen, zeitweise auch Krankheit. Auch das machte dieses Projekt langwieriger und schwieriger, als meine bisherigen. Es stellte sich heraus, dass sich um das Weiß die meisten Fragezeichen versammelten. Dort versteckten sich die Antworten auch am gründlichsten. Deswegen drängte sich diese Farbe vielleicht auch am meisten vor. So wurde sie Mittelpunkt meiner Reise. Das Weiß der Reinheit, der Werte und das des Versteckens. Das Weiß wird gehegt und gepflegt, als die edelste aller Farben. Ein Kind, das in diesem Milieu sexuellen Übergriff erfahren hat, wird Misstrauen und Einsamkeit mit sich tragen und ein beständig schwankendes Selbstwertgefühl, das fortgesetzt nach sexueller Bestätigung sucht und gleichzeitig makelloser als andere sein will. Das
Buch „Die Hüterin des Weiß" will in 21 Kapiteln mit kurzen
Text-Absätzen, gemischt mit subjektiven Schwarzweiß-Fotografien diese
Atmosphäre zwischen Euphorie und Absturz nachfühlbar machen. Das schwierige
Einordnen realer Dinge, die Scheu vor Verantwortung, die sich anbiedernde
Suche nach Zuspruch, die Faszination von der sexuellen Kraft, die plötzlich
aufkommende Angst und die tiefe Verachtung dafür. Brigitte Tast |
|||
|
|
|